Epilepsien und epileptische Anfallsereignisse im internationalen
Spielfilm: Stichworte und deren Kriterien
Autoren: S. Heiner, Cortona, Italien, F.C. Schmitt, Magdeburg, Deutschland
Stand: 30.10.2019
Die Datenbank „Epilepsiespielfilme“ verzeichnet Spielfilme, in denen „Epilepsie“ und „epileptische Anfälle“
direkt oder indirekt eine Rolle spielen. Es werden auch Filme berücksichtigt, in denen der Bezug zur Epilepsie
ganz zweitrangig und episodisch ist.
Anfälle und Krankheitserscheinung werden cineastisch, d.h. aus Sicht eines Zuschauers ohne medizinische
Kenntnisse, gewertet.
Folgend sind die Kriterien aufgeführt, nach denen Filme als Epilepsiespielfilme eingestuft und in die
Datenbank aufgenommen werden.
A. Externe Kriterien
- Zuschreibung: Jede Art Hinweis auf Epilepsie und / oder epileptischen Anfall
im Filmgeschehen. In
der
Regel werden diese ungeprüft übernommen.
Beispiel: „The last Exorzism II“ von D. Stamm
(Hinweis durch Wikipedia)
- Expertenhinweis: Hinweise von epileptologischen und/oder cineastischen
Experten. Das Prädikat
„Expertenhinweise“ verdienen besonders Film, die in Fachpublikationen diskutiert werden. (siehe dazu der
Bibliographie „Epilepsie im Spielfilm“)
Beispiel: „Kissing Candice: A teenage Nightmare“
von A. McArdle
B. Bezug der Filmerzählung zu „Epilepsie“
-
Epilepsie nur in der Vorlage: Literarische Filmvorlagen, filmische Remakes, für
den Film verwandte
Plots
enthalten zuweilen Hinweise auf Epilepsie, die im Film selbst aber keine Rolle spielen
Beispiel: „The Big Sleep“ von H. Hawks
-
Nur literarisch / historisch: Eine(r) der Filmcharaktere gilt in Literatur und
Geschichte als
epilepsiekrank. Im aufgenommenen Film selbst spielt dies aber keine Rolle.
Beispiele sind Verfilmungen von z.B. Othello, van Gogh, Alexander der Grosse,
Napoleon etc.).
-
Nur „isolierte Episode: Das „epileptische Geschehen“ bleibt eine reine Episode.
Es spielt weder vorher
noch
nachher „eine Rolle“ im Film.
Beispiel: „Frankie und Johnnie“ von Garry
Marshall.
C. Rolle der mit Epilepsie in Verbindung gebrachten Person
- Hauptrolle: Standarddefinition für literarische und filmische Rollen
Beispiel: „Halt auf freier Strecke“ von A.
Dreesen
- Nebenrolle: Standarddefinition für literarische und filmische Rollen
Beispiel: „Arztserie Monroe, Staffel 2, Nr.
5“ von David Moore. Dr. Monroe
bereitet die riskante
Hirnoperation der epilepsiekranken Bridget Ally vor
- Rolle ungeklärt: Da die Datenbankautoren nicht immer den gefundenen Hinweisen
entnehmen können, wer
„epilepsiekrank“ ist in einem Film, wurde diese Kategorie eingeführt.
Beispiel: „Last Exorcism II“ von D. Stamm (Es
werden verschiedene, nicht klar
identifizerbare
Personen mit Epilepsie genannt)
D. Bedeutung des Merkmals, das zur Einordnung Epilepsiespielfilm führte
-
Begriffsnennung: Der Begriff „Epilepsie“, oder „epileptischer Anfall“ taucht im
Film auf.
Beispiel: „The King’s Speech“ von Tom Hooper
-
Anfallsereignis: Ein gut sichtbarer Anfall ereignet sich im Filmgeschehen.
Beispiel: „Control“ von A. Corbijn
-
„Ungeklärt ob Epilepsiespielfilm: Gemeint ist, dass aufgrund der vorliegenden
Kenntnisse dem
Redaktionsteam nicht ausreichend gesichert erscheint, ob es sich um einen nach oben genannten Kriterien
„Epilepsiespielfilm“ handelt oder nicht.
Beispiel: „Last Exorcism II“
E. Anfallsformen, – ursachen, – auslöser
Die Einteilung der Epilepsiespielfilme nach Anfallsformen bleibt schematisch. Sie berücksichtigt, dass Filme
unterhalten und nicht medizinisch unterrichten wollen. Die Kategorisierung nimmt nur Bezug auf gebräuchliche
Anfallsklassifikationen.
- Großer, ‚krampf‘artiger Anfall
Beispiel: „Control“ von A. Corbijn
- Komplexer Anfall (Gestikulieren, Gliederverrenken, Umherirren etc.)
Beispiel: „Requiem“ von H.C. Schmid
- Sturz ohne weitere Vorkommnisse
Beispiel: „The winning team“ von L. Seiler
- Kurzes Erstarren
Beispiel: „Dr. Kildare. Verhängnisvolle Diagnose“ von H. Bucquet
- Anfallartig auftretende Gefühls/Sinneswahrnehmungen
Beispiel: „Borowski und die Frau am Fenster“ von S. Wagner
- Induzierter Anfall (z.B. Elektro- und Insulinschock-Episoden)
Beispiel: „A beautiful mind“ von R. Howard
- Reflexanfall (ausgelöst durch im Film gezeigte bzw. benannte externe Ursache
Flackerlicht/Disco, Stress)
Beispiel: „The Simpsons: Thirty Minutes Over Tokyo“ von J. Reardon
(Flackerlicht)
- Simulierter Anfall (Anfälle, die die Filmfigur bewusst „vor“spielt.)
Beispiel: „Knockin’ on heavens door“ von T. Jahn
- Psychogen, nicht-epileptischer Anfall (aufgrund des Filmzusammenhanges muss
davon ausgegangen werden, dass die Ursache der Anfälle einen vorwiegend psychischen Grund hat und nicht
epileptisch ist)
Beispiel: „Il grande Cocomero“, „Der Riesenkürbis“ von F. Archibugi
F. Spezielle Fragestellungen
-
Epilepsiechirurgie (Gehirnoperation, die als solche ausdrücklich genannt wird)
Beispiel: „Dr. Kildare. Verhängnisvolle
Diagnose“ by H. Bucquet
-
Eklampsie
Beispiel: „ER: Schwarzer Tag“ von M. Leder
-
Gewaltkontext
Beispiel: „The Terminal Man“ von M. Hodges
-
Tieranfall
Beispiel: „The Conchords: Love is a weapon
of choice“ von J. Bobin
Literatur:
Heiner, S. 1996. „Epilepsie im Spielfilm“. Dt. Gesellschaft für Epileptologie -
Informationspool Epilepsie, Nr. 13 (2008): 1–4.
Heiner, S. 2003. „Krise, Kontrolle, Vision – Zur Rolle epiletischer Anfälle im Film“. In
Bildstörung – Kranke und Behinderte im Film, 1. Auflage, 65–70. Frankfurt am Main, Germany: Mabuse-Verlag.
Heiner, S. 2015. „Musik in Spielfilmen mit Epilepsie“. Zeitschrift für Epileptologie,
Oktober, 1–6. https://doi.org/10.1007/s10309-015-0028-z.
Schmitt, F.C., und R. Besser. 2001. „The relationship between a seizure and aggression:
notions in feature films“. In Epilepsia, 42:133. Blackwell Publishing Group.
Schmitt, F.C. 2009. „Seizures connected to religious concepts“. In Epilepsia, 50:251.
Elsevier.
Schmitt, F.C. 2016. „Epilepsie im Spiel- und Fernsehfilm“. Zeitschrift für Epileptologie,
Juni, 1–15. https://doi.org/10.1007/s10309-016-0064-3.